Künstliche Intelligenz (KI) ist mittlerweile Teil unseres Alltags, und die Einsatzfelder sind vielfältig. Gleichzeitig wächst der Bedarf nach rechtlicher Klarheit und verbindlichen Standards. Mit dem AI Act schafft die Europäische Union nun einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Einsatz von KI-Systemen und nimmt Unternehmen, Organisationen und Behörden in die Pflicht.

KI im Rechtsrahmen – Der EU AI Act auf einen Blick

Inhalt

Was ist der EU AI Act?

Der EU AI Act ist eine Verordnung der Europäischen Union zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz. Die Verordnung wurde im Juli 2024 offiziell verabschiedet und tritt seit 2025 schrittweise in Kraft. Ziel ist es, Innovation und Sicherheit in Einklang zu bringen, indem der Einsatz von KI nach einem risikobasierten Ansatz geregelt wird. KI-Systeme werden entsprechend ihres Risikopotenzials klassifiziert – von minimalem über begrenztes Risiko bis hin zu Hochrisikoanwendungen und verbotenen Systemen. Je nach Einstufung gelten unterschiedliche Anforderungen an Transparenz, Sicherheit, Datenqualität und menschliche Kontrolle. Damit sollen ethische KI-Systeme gewährleistet werden.

Was regelt der AI Act im Detail?

Der AI Act legt fest, welche Anforderungen ein KI-System erfüllen muss, um im europäischen Markt zugelassen zu werden. Insbesondere für Hochrisiko-Anwendungen – etwa in der kritischen Infrastruktur, im Gesundheitswesen, im Justizsystem oder im Personalwesen – gelten strenge Vorgaben. Entwickler und Betreiber solcher Systeme müssen unter anderem ein Risikomanagement implementieren, Trainingsdaten auf Verzerrungen überprüfen, Protokollierungen sicherstellen und eine durchgängige menschliche Aufsicht ermöglichen.

Darüber hinaus sind Konformitätsprüfungen erforderlich, die – je nach Art und Umfang der Anwendung – entweder intern oder durch externe Stellen durchgeführt werden müssen. Systeme mit begrenztem Risiko, wie beispielsweise Chatbots, unterliegen weniger strengen, aber dennoch verpflichtenden Transparenzregeln. Das bedeutet: Nutzer müssen klar darüber informiert werden, dass sie mit einer KI interagieren oder dass Inhalte maschinell erzeugt wurden.

Auch generative KI-Modelle, die beispielsweise Texte, Bilder oder Videos erstellen, unterliegen dem AI Act. Für diese sogenannten Foundation Models sind zusätzliche Vorgaben vorgesehen – etwa zur Offenlegung von Trainingsdaten, zur Durchführung von Sicherheitsprüfungen und zur Kennzeichnung der generierten Inhalte.

Welche Herausforderungen entstehen für Unternehmen und Organisationen?

Für viele Unternehmen, Organisationen und Verwaltungen bedeutet der AI Act eine Umstellung. Eine der größten Herausforderungen ist die systematische Klassifizierung aller eingesetzten KI-Lösungen. Dabei ist nicht immer sofort ersichtlich, ob ein System unter die Definition von Hochrisiko-KI fällt. Hinzu kommen Anforderungen an technische Anpassungen bestehender Lösungen. Systeme, die bislang rein funktional betrachtet wurden, müssen nun unter rechtlichen und ethischen Gesichtspunkten überprüft und gegebenenfalls modifiziert werden. Gerade kleinere Organisationen und mittelständische Unternehmen stehen hier vor einem Mehraufwand – sowohl personell als auch finanziell.

Ein weiterer kritischer Punkt ist der Aufbau geeigneter Verantwortungsstrukturen.  Verantwortlichkeiten müssen klar definiert, Prozesse dokumentiert und interne Kontrollmechanismen etabliert werden. Das erfordert interdisziplinäres Know-how aus IT, Recht, Compliance und Fachabteilungen. Zudem herrscht in vielen Organisationen noch Unsicherheit, da noch nicht alle Detailfragen geklärt sind und sich die Praxis erst in den kommenden Jahren herausbilden wird.

Was bedeutet das konkret für die Praxis?

Für Unternehmen und Organisationen bedeutet der AI Act, dass sie KI nicht mehr nur unter funktionalen oder wirtschaftlichen Aspekten betrachten können. Der rechtssichere Einsatz wird zum strategischen Faktor. Bereits bei der Entwicklung oder dem Einkauf von KI-Systemen müssen Aspekte wie Transparenz, Fairness und Nachvollziehbarkeit mitgedacht werden. Es empfiehlt sich, frühzeitig interne Prozesse zur Bewertung, Dokumentation und Prüfung von KI-Lösungen aufzubauen.

Gleichzeitig bietet der AI Act auch Chancen: Wer die neuen Vorgaben frühzeitig berücksichtigt und KI von Anfang an regelkonform entwickelt, schafft Vertrauen, kann sich langfristig gut am Markt positionieren und einen klaren Wettbewerbsvorteil erzielen.  

Erfahren Sie in einem weiteren Blogartikel, welche Arten von KI es gibt und wo diese eingesetzt werden.

Wie entwickeln sich die kommenden Jahre?

Der EU AI Act sieht eine schrittweise Inkraftsetzung vor. Bestimmte KI-Anwendungen, die als besonders riskant oder ethisch nicht vertretbar eingestuft werden, sind unmittelbar nach Inkrafttreten verboten. Der Artikel 5 des EU AI Act führt verschiedene Szenarien auf, die als riskant gelten und daher vollständig verboten werden. Dazu zählt unter anderem das soziale Scoring und umfasst die Klassifikation von Personen auf Basis sozialen Verhaltens oder Persönlichkeitsmerkmalen mit der Gefahr diskriminierender Folgen.

Für Hochrisiko-Systeme – etwa KI-gestützte Bewerberauswahl im Personalwesen – gilt eine Übergangsfrist von drei Jahren. Systeme mit Transparenzpflicht, wie etwa KI-gestützte Chatbots im Kundenservice, müssen hingegen innerhalb von zwei Jahren reguliert werden. Für generative KI-Modelle greifen erste regulatorische Anforderungen bereits nach zwölf Monaten.

Schon gewusst?

Generative KI-Modelle sind Systeme, die eigenständig Inhalte wie Texte, Bilder, Videos oder Audiodateien erzeugen können. Sie basieren auf großen Sprach- oder Multimodalmodellen (z. B. GPT) und lernen aus riesigen Datenmengen, um neue, kontextbezogene Inhalte zu generieren.

Im Rahmen des EU AI Act unterliegen solche Modelle spezifischen Transparenzpflichten: Inhalte müssen eindeutig als KI-generiert gekennzeichnet sein. Verwendete Trainingsdaten sind offenzulegen – insbesondere im Hinblick auf Urheberrechte, gesellschaftliche Werte und mögliche Verzerrungen.

Diese gestaffelte Umsetzung soll Unternehmen und Organisationen die Möglichkeit geben, sich schrittweise an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Gleichzeitig wird die Europäische Kommission begleitende Maßnahmen wie Leitfäden, Zertifizierungsmodelle und sogenannte „AI-Sandboxes“ bereitstellen. Letztere bieten eine geschützte Umgebung, in der neue KI-Anwendungen unter regulatorischer Aufsicht getestet werden können – ein wichtiges Instrument zur Förderung von Innovation trotz Regulierung.

Fazit 

Der EU AI Act markiert einen Paradigmenwechsel. Er vereint technologischen Fortschritt und regulatorische Verantwortung unter einem Dach. Für IT-Experten, Manager, HR-Teams und Behörden ist es entscheidend, die verbleibenden Monate als Chance zur Weichenstellung zu nutzen. Wer KI rechtssicher, transparent und ethisch fundiert integriert, profitiert langfristig – etwa durch Vertrauen, Akzeptanz und nachhaltige digitale Innovation.

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