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Von der Vision zur Realität: Die holprige Reise des Onlinezugangsgesetzes (OZG)
Das Onlinezugangsgesetz (OZG) markiert einen Meilenstein in der Digitalisierung der deutschen Verwaltung. Es wurde durch eine Änderung des Grundgesetzes am 13. Juli 2017 ermöglicht, die mit Artikel 91c Absatz 5 GG den rechtlichen Rahmen für ein Bundesgesetz zum informationstechnischen Zugang zu Verwaltungsleistungen schuf. Am 18. August 2017 trat das OZG in Kraft. Ziel war es, bis Ende 2022 sämtliche Verwaltungsleistungen von Bund, Ländern und Kommunen online verfügbar zu machen – ein ambitioniertes Vorhaben, dessen Umsetzung jedoch auf diverse Hindernisse stieß:
- Komplexe föderale Strukturen
- Unterschiedliche Digitalisierungsstände in Ländern und Kommunen
- Heterogene IT-Landschaft
- Fehlende einheitliche Standards und Schnittstellen
- Mangel an einer übergreifenden Gesamtstrategie
Diese Faktoren führten dazu, dass das ursprüngliche Ziel, 575 Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 bundesweit digital verfügbar zu machen, nicht erreicht wurde. Weitere Hintergrundinfos finden Sie in einem weiteren Blogartikel.
Definition: OZG 2.0
OZG 2.0 steht für das OZG-Änderungsgesetz – oder auch OZGÄndG. Es ist ein Gesetz zur umfassenden Digitalisierung der deutschen Verwaltung. Es definiert verbindliche Regelungen für die digitale Transformation von Verwaltungsleistungen auf Bundes-, landes- und kommunalebene.
Als Reaktion auf die Herausforderungen bei der Umsetzung des ursprünglichen OZG trat am 24. Juli 2024 das OZG-Änderungsgesetz (OZG 2.0 oder OZGÄndG) in Kraft. Dieses verpflichtet den Bund, innerhalb von zwei Jahren bundesweit verbindliche Architekturvorgaben sowie Qualitäts- und Interoperabilitätsstandards zu erarbeiten. Grundlage dafür ist das „Zielbild der OZG-Rahmenarchitektur“, das im Jahr 2024 entwickelt und am 13. November 2024 vom IT-Planungsrat beschlossen wurde.
Das OZG 2.0 basiert auf den bisherigen Erfahrungen und führt gezielte Neuerungen ein, um die Verwaltungsdigitalisierung zu beschleunigen. Zu den zentralen Ansätzen zählen:
DeutschlandID als zentrales Bürgerkonto für alle: Die BundID entwickelt sich zur zentralen digitalen Identitätslösung für Deutschland. Als DeutschlandID wird sie künftig bundesweit für Identifikation und Antragstellung genutzt. Bürger können sich dabei wahlweise über den Online-Ausweis (eID) oder das Elster-Zertifikat authentifizieren. Ein integriertes digitales Postfach ermöglicht die sichere Kommunikation mit Behörden sowie den Empfang von Bescheiden.
Once-Only-Prinzip: Bürger müssen Nachweise wie Geburtsurkunden künftig nicht mehr mehrfach einreichen. Diese werden mit Zustimmung des Antragstellers elektronisch zwischen Behörden ausgetauscht.
Abschaffung der Schriftform: Digitale Anträge ersetzen Papierformulare, wodurch der Gang zum Amt in vielen Fällen überflüssig wird und entfällt.
Datenkontrolle: Bürger können nachvollziehen, welche Daten zwischen Behörden ausgetauscht wurden, was die Transparenz und Kontrolle über die persönlichen Daten stärkt.
Rechtsanspruch auf digitale Verwaltung: Ab 2028 haben Bürgern einen einklagbaren Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen des Bundes. Dieser Anspruch gilt jedoch nur, wenn die digitale Umsetzung technisch und rechtlich möglich ist. Es handelt sich um einen reinen Leistungsanspruch, was bedeutet, dass keine Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche geltend gemacht werden können, falls der Anspruch nicht erfüllt wird.
Maßnahmen, die für Unternehmen, die Verwaltung und andere juristische Personen relevant sind
- Ein zentrales digitales Organisationskonto ermöglicht es Unternehmen, Verwaltungsleistungen einfach, sicher und transparent von überall zu nutzen.
- Unternehmensbezogene Verwaltungsleistungen werden künftig ausschließlich in digitaler Form bereitgestellt. Dafür gilt eine Übergangsfrist von fünf Jahren.
- Die Ende-zu-Ende-Digitalisierung wird im Bund zum Standard, sodass alle Online-Anträge vollständig digital von der Beantragung bis zur Bescheidvergabe bearbeitet werden können.
Diese Maßnahmen vereinfachen die Nutzung digitaler Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen und steigern deren Effizienz.
Welche Übergangsfristen gelten?
Das OZG 2.0 sieht mehrere Übergangsfristen vor, um die Umsetzung seiner Vorgaben zu gewährleisten. Innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes ist der Bund verpflichtet, verbindliche technische Vorgaben, Standards und Schnittstellen zu entwickeln. Bundesländer, die eigene ID-Konten nutzen, haben drei Jahre Zeit, auf die einheitliche BundID umzustellen. Für unternehmensbezogene Verwaltungsleistungen gilt eine Übergangsfrist von fünf Jahren. In diesem Zeitraum müssen alle Leistungen ausschließlich digital angeboten werden. Unternehmen können währenddessen weiterhin das ELSTER-Zertifikat oder andere Verfahren mit einem Sicherheitsniveau „substanziell“ zur Identifizierung nutzen.
Diese Fristen sollen sicherstellen, dass die Digitalisierung der Verwaltung schrittweise, aber verbindlich umgesetzt wird.
Stand Januar 2025 sind die meisten der 115 priorisierten Bundesleistungen in verschiedenen Stufen der Digitalisierung. Genaue Zahlen zur vollständigen Digitalisierung liegen nicht vor. Einige Verwaltungsleistungen sind bereits online verfügbar, jedoch variiert der Grad der Digitalisierung. Zu den teilweise oder vollständig online verfügbaren Leistungen gehören unter anderem Anträge für Kindergeld, Bürgergeld und Elterngeld. Auch die Kfz-Anmeldung, Ummeldung des Wohnsitzes und die Anmeldung zur Eheschließung können in vielen Fällen zumindest teilweise online erfolgen.
Fazit
Bis zur vollständigen Digitalisierung der Verwaltung bleibt es dennoch ein weiter Weg, insbesondere aufgrund der Unterschiede in der Umsetzung zwischen den Bundesländern und Kommunen. Die Geschichte des OZG zeigt, dass die digitale Transformation in Deutschland eine anspruchsvolle, aber notwendige Aufgabe ist.
Die Umsetzung des OZG 2.0 erfordert eine kontinuierliche Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, um die Vorteile für Bürger, Unternehmen und die Verwaltung möglichst schnell spürbar zu machen. Einheitliche bundesweite Standards spielen dabei eine zentrale Rolle, um die digitale Verwaltung effizient und nutzerfreundlich zu gestalten.
Lesen Sie mehr zu diesem Thema in unserem Whitepaper „Onlinezugangsgesetz (OZG): Erfolgreiche Umsetzung mittels Portal und Low-Code-Plattformen.
Quellen:
- https://www.bmi.bund.de/DE/themen/moderne-verwaltung/verwaltungsmodernisierung/onlinezugangsgesetz/onlinezugangsgesetz-node.html
- https://www.digitale-verwaltung.de/SharedDocs/kurzmeldungen/Webs/DV/DE/2024/06_ozg_2_0.html
- https://www.digitale-verwaltung.de/SharedDocs/kurzmeldungen/Webs/DV/DE/2024/11_zielbild_rahmenarchitektur.html
- https://www.digitale-verwaltung.de/SharedDocs/kurzmeldungen/Webs/DV/DE/2024/12_jahresrueckblick-2024.html